Kleros Court: Online außergerichtliche Streitbeilegung über Ethereum

Kleros ist ein dezentrales System zur außergerichtlichen Streitbeilegung, das auf Ethereum basiert. Darüber können Streitigkeiten über Verträge von Laienrichtern entschieden werden.

Bisher wurden 377 Fälle erfolgreich beendet, während es noch 19 laufende Verfahren gibt. 338 Richter sind aktiv.

Anwendungsfall


Ein Beispielsfall könnte so aussehen: Bob ist Webdesigner und soll eine Website für Alice erstellen. Hierzu schließen sie einen Smart Contract. Sofern Alice mit dem Arbeitsergebnis zufrieden ist, wird Bob bezahlt. Andernfalls wird der Fall an das Kleros-Schiedsgericht weitergegeben. Die Laienrichter schauen sich die weitergegebenen Beweise an und entscheiden über den Fall. Hierfür fällt eine Gebühr an, mit der wiederum die Richter bezahlt werden.

Da Kleros auf der Blockchain Ethereum basiert, sind auch alle Fälle öffentlich.

Als Schiedsrichter im Kleros Court

Ich habe Kleros Court als Schiedsrichter ausprobiert und mit anderen Schiedsrichtern einen Fall entschieden. Dabei kann grundsätzlich jeder Richter bei Kleros werden.

Sobald man als Richter in einem Verfahren ausgewählt wurde, wird man hierüber benachrichtigt und kann die Details zum Fall einsehen.

Mein erster Fall bei Kleros

So geht es in diesem Fall um jemand, der gegen die Regeln für ein Finanzierungsgesuch bei Gitcoin Grant verstoßen haben soll. Neben einer kurzen Darstellung der Fakten können auch noch Beweise eingereicht werden.

Die Kleros Court Abstimmung

Die Schiedsrichter können dann über den Fall abstimmen. Im Ergebnis gab es eine große Mehrheit, die entschieden hat, dass gegen die Regeln der Finanzierungsplattform verstoßen wurde.

Die Partei, die gewinnt, bekommt ihre Coins direkt über einen Smart Contract ausgezahlt. Die Richter werden mit Ether belohnt, wenn sie mit der Mehrheit entschieden haben. Damit soll sichergestellt werden, dass alle Richter richtige Entscheidungen treffen.


Nachteile im Prozess

Der Ablauf des Verfahrens konnte mich nicht überzeugen. Dabei fehlt eine klare Prozessordnung und die Möglichkeit zur Parteivernehmung. Außerdem gibt es keine Möglichkeit sich mit den anderen Schiedsrichtern auszutauschen.

Laienrichter

Am Kleros-Schiedsgericht kann jeder als Laienrichter mitmachen. Ihnen fehlt die juristische Ausbildung, sodass insbesondere bei umfangreichen Verträgen wohl keine gleich qualitativen Ergebnisse wie bei echten Gerichten erzielt werden können.

Die Richter werden weltweit ausgewählt. Bei einem Verfahren mit internationalem Bezug könnte ein Laienrichter schon an der Bestimmung des anwendbaren Sachrechts (also das nationale Recht, welches auf den Fall Anwendung findet) scheitern.

Anreiz für Richter falsch abzustimmen

Die Richter werden für das Verfahren nur entlohnt, sofern sie mit der Mehrheit abstimmen. Ein Richter wird also seine Stimme so abgeben, dass er möglichst mit der Mehrheit im Einklang steht.

Das könnte beispielsweise bei einem Vertrag mit einer unwirksamen AGB-Klausel problematisch sein. Ein Richter, der sich im AGB-Recht auskennt, wird dies erkennen. Der Großteil der Laienrichter vermutlich jedoch nicht. Dann besteht auch für den Richter, der die Unwirksamkeit der AGB-Klausel kennt, ein Anreiz gegenteilig abzustimmen, um im Einklang mit den anderen Laienrichtern zu stehen.

Fehlende Prozessordnung

Kleros Court hat keine festgelegt Prozessordnung. Es ist vor allem unklar nach welchen Regeln die Beweislast verteilt ist. In den oben vorgestellten Case, in dem ich als Richter mitgewirkt habe, gab es nur eine Partei, die überhaupt einen Parteivortrag erbracht hat. Die Entscheidung war somit für mich klar: Was von der anderen Partei nicht bestritten wird, ist als wahr zu unterstellen.

Es gibt nur wenige stichpunktartige Regeln, nach denen ein Fall zu entscheiden ist (hier für den „General Court“).

Hätte die andere Partei den Vortrag bestritten, wäre dies eine komplizierte Situation: Genügt das einfach Bestreiten, muss ein substantiierter Vortrag erfolgen, wer trägt die Beweislast? Hier fehlen klare Regeln von Kleros. Die Richter müssen auf nationales Recht zurückgreifen, wobei fraglich ist, welches nationale Prozessrecht angewendet werden soll.

Keine Möglichkeit zur Parteivernehmung

Die Parteien können einen Parteivortrag erbringen. Die Richter haben jedoch keinerlei Möglichkeit die Parteien zu vernehmen oder Rückfragen zu stellen. In meinem oben vorgestellten Verfahren, waren die vorgelegten Beweismittel nicht besonders aussagekräftig. Es handelte sich lediglich um einen Screenshot, ohne Aufnahmedatum und Angabe der URL. Solche Informationen – die essentiell sein könnten – konnte man nicht mehr erfragen.

Kein Austausch mit den anderen Richtern

Es ist bei Kleros gewünscht, dass sich die Richter nicht untereinander austauschen können, damit sie sich nicht beeinflussen. Ein Austausch ist aber wichtig, damit sich alle Richter über das anwendbare Recht, eine zugrundeliegende Prozessordnung und Beweislastverteilung einig sind.

Die fehlende Austauschmöglichkeit fördert falsche Gerichtsentscheidungen. Kleros möchte jedoch nicht, dass Richter vor dem Ende der Abstimmung bekanntgeben, wie sie abgestimmt haben.

Ein revolutionäres Konzept mit Schwächen

Kleros Court bietet ein revolutionäres Konzept für die außergerichtliche Streitbeilegung. Verfahren können schnell und kostengünstig abgewickelt werden. Dabei wird das Verfahren sicher und transparent über die Blockchain abgewickelt.

Es gibt deutliche Schwächen im Prozessablauf des Schiedsgerichtsverfahrens. Insbesondere bei komplexen Verträgen, die möglicherweise internationalen Bezug haben, ist Kleros Court mit den Laienrichtern völlig ungeeignet.

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Artikel von Phil
Hallo, ich bin Phil, 25 Jahre alt und leidenschaftlicher Technologie-Enthusiast. Schon seit meiner Kindheit faszinieren mich Computer, Smartphones und alles, was mit Technik zu tun hat. Auf meinem Blog teile ich meine Erfahrungen und Erkenntnisse zu Apps, Apple-Produkten und neuen Technologien. > Mehr über mich
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